Die starke Schweizer Delegation krönt eine überaus erfolgreiche Heim-WM mit zwei Silbermedaillen in der Staffel. Sowohl das Frauen- wie auch das Männer-Staffel schnupperten gar an der Goldmedaille.

Am Ende war es schwierig, noch den Überblick zu behalten. Dermassen turbulent war die Schlussphase der beiden Staffelwettkämpfe in Gondiswil. Für grosses Spektakel sorgte wiederum die letzte Schlaufe nach der Arena-Passage. Im Ziel durfte man gebannt abwarten, wen der Wald als erstes wieder ausspucken würde. Bis zum Schluss blieb das Rennen offen. Wobei die Schweizer Schlussläuferin Katrin Müller eigentlich fast schon wie die sichere Siegerin aussah, als sie für die letzten vier Posten noch einmal in den Wald stach. Wieder hatte die Aargauerin eindrücklich unter Beweis gestellt, wie sehr die Goldmedaille über die Langdistanz sie beflügelt hatte.

Nach einem zurückhaltenden Start drehte Müller auf und machte einen fast zweiminütigen Rückstand auf die Finnin Ida Haapala wett. Auf einer langen Route erwischte sie die schnellste Option und liess die Konkurrentinnen hinter sich. Mit rund einer halben Minute Vorsprung auf ihre in dieser Woche ärgste Widersacherin konnte sie die Schlussschlaufe angehen. Doch jetzt begann das Nervenspiel. «Der viertletzte Posten befand sich im Rinnenlabyrinth und ich musste da kurz korrigieren, aber ich sah, dass die Finnin und die Schwedin den Posten auch noch nicht hatten.» Doch als die Schweizerin noch den zweitletzten Posten überlief, hatte die heranstürmende Französin Cécile Calandry gemeinsam mit der Schwedin Frida Vikström sie plötzlich eingeholt. Calandry erwies sich auf den letzten Metern als die Stärkste und so holte sie sensationell Gold für Frankreich. «Ich war mir nicht bewusst, dass ich alle drei Gegnerinnen überholt hatte als ich beim letzten Posten aus dem Wald kam, aber der Jubel meiner Teamkameradinnen zeigte mir, dass ich als erste die Ziellinie überqueren würde,» beschrieb die strahlende Französin die dramatischen Schlussmomente der Staffel.

Von Beginn weg war die Staffel ein packendes Rennen. Die Spanierinnen zeigten nicht zum ersten Mal in dieser Woche ihr grosses Potenzial und lagen nach zwei Strecken überraschend in Führung. Die dritte Läuferin verlor aber schnell den Anschluss an die Spitze. Auch die beiden Schweizerinnen vor Müller zeigten starke Läufe. Eliane Deininger und Sofie Bachmann blieben stets in Kontakt mit der Spitzengruppe und ebneten das Terrain für Müllers Silberlauf, den sie fast vergoldet hätte.

Spannende Entscheidung auch bei den Herren

Ähnlich dramatisch verlief die Männerstaffel. Pascal Buchs legte auf der Startstrecke einen fantastischen Start hin, enteilte zunächst dem Feld – später stiess der Schwede Simon Hector zu ihm und gemeinsam distanzierten sie die Konkurrenz. Auf der zweiten Strecke rückten die Spitzennationen wieder näher zusammen. Timo Suter konnte die Spitzenposition verteidigen, übernahm zusehends das Zepter und lief wieder vorneweg – weil unter anderem dem Schweden ein gravierender Fehler unterlief. Mit über einer Minute Vorsprung ging der Aargauer auf die Schlussschlaufe – auch er sollte ihn aber noch verspielen: Ein grober Fehler beim gleichen Posten wie Katrin Müller liess die Konkurrenz wieder aufschliessen. Unter anderem auch durch das zweite Schweizer Team, das ganz vorne mitmischte. Florian Attinger hatte Jonas Soldini in guter Position auf die zweite Strecke geschickt. Der Freiburger lief mit einem starken Lauf ganz nach vorne und übergab an erster Stelle. Tino Polsini vermochte die gute Ausgangslage nicht zu nutzen, beendet das Rennen letztlich an sechster Position.

Der Langdistanz-Champion Fabian Aebersold aus dem ersten Schweizer Team hatte hingegen noch alles in den eigenen Händen und lief mit dem Schweden Victor Svensk und dem Franzosen Mathieu Perrin allen davon. Kurz vor der Arena-Passage verlor er bei einem Gabelungsposten jedoch den Anschluss an das Duo. «Bei Posten 15 hatte ich eine andere Gabelung und als ich zwar bei meinem Posten war und ich die Flagge nicht sah, musste ich mich kurz neu orientieren. Dies hat mich vermutlich eine Minute Zeit gekostet,» schilderte der Schweizer Schlussmann den Schreckmoment in seinem Lauf. Aebersold fing sich und lief vermeintlich doch noch auf den Bronzeplatz. Jedoch hatte Perrin in der Hektik des Gefechts den fünften Posten ausgelassen. Die Franzosen wurden disqualifiziert – Schweden triumphierte wie schon über die Mitteldistanz.

Damit enden für die Schweiz äusserst erfolgreiche Titelkämpfe. Das Schweizer Team vermochte den Heimvorteil auszunutzen und gewann insgesamt acht Medaillen in fünf Wettkämpfen, davon vier Goldmedaillen.

Resultate
Männer (3 x 7.3 Km, 230 m HM, 24 Po.): 1. Schweden (Simon Hector, Simon Imark, Viktor Svensk) 1:59:50; 2. Schweiz (Pascal Buchs, Timo Suter, Fabian Aebersold) 2:01:02; 3. Finnland (Teemu Oksanen, Aaro Aho, Topi Syrjäläinen) 2:01:31; 4. Tschechien (Martin Roudny, Vojtech Sykora, Daniel Vandas) 2:03:18; 5. Norwegen (Henrik Aas, Isak Jonsson, Jørgen Baklid) 2:03:23; 6. Schweiz 2 (Florian Attinger, Jonas Soldini, Tino Polsini) 2:04:39.

Frauen
(3 x 5,8 Km, 180 m HM, 18 Po.): 1. Frankreich (Maelle Beauvir, Florence Hanauer, Cécile Calandry) 1:55:12; 2. Schweiz (Elina Deininger, Sofie Bachmann, Katrin Müller) 1:55:18; 3. Schweden (Vilma von Krusenstjerna, Klara Axelsson, Frida Vikström) 1:55:23; 4. Finnland (Inka Nurminen, Elisa Mattila, Ida Haapala) 1:55:29; 5. Tschechien (Jana Peterova, Michaela Dittrichova, Eliska Sieglova) 1:57:35; 6. Frankreich 2 (Tifenn Moulet, Lucie Lataste, Juliette Basset) 1:59:33.

Resultate im Detail

 Die FISU WUC Orienteering 2022 digital

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(Text: Yann Schlegel, Fotos: Rolf Gemperle)