Die Schweizer dominierten am Montag den Langdistanz-Wettkampf an den Junior World Orienteering Championships (JWOC) im Engadin. Joey Hadorn und Thomas Curiger holen sich erneut Gold und Silber, Valérie Aebischer und Sofie Bachmann sichern sich Silber und Bronze. Paula Gross holt mit dem fünften Rang zudem ein Diplom.

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Joey Hadorn gewinnt wieder Gold.


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 Anna Haatja (FIN) gewinnt bei den Juniorinnen.
«Hei, du warst viel zu schnell», sagte Bahnleger Matthias Merz zu Joey Hadorn unmittelbar nach dessen Zieleinlauf. Mit einer Zeit von 65:01 Minuten unterbot der Berner die erwartete Siegerzeit von 70 Minuten deutlich. Hadorns Zeit war wie schon am Vortag Gold wert. Der 19-jährige Fahrradmechaniker aus Fahrni bei Thun sicherte sich im Langdistanz-Wettkampf an den Junioren-Weltmeisterschaften im Orientierungslauf die Goldmedaille, wie tags zuvor über die Sprintdistanz. Nur einen, rund einminütigen Fehler musste der Berner auf der 8,8 Kilometer langen und mit 450 Höhenmetern Steigung versehenen Strecke hinnehmen: «Ich hielt die Karte 180 Grad verkehrt», so Hadorn zur Schrecksekunde seines Laufes rund um den Ofenpass im Val Müstair. Er sei darauf aber kurz stehen geblieben und habe sich sofort aufgefangen. Den Rest des Rennens blieb er nahezu fehlerfrei und zeigte physisch eine ausserordentliche Leistung: «Ich wusste, dass ich schnelle Beine und mental einen harten Kopf habe.»
Hadorn hat es geschafft, sich nach dem Titelgewinn im Sprint auf die Langdistanz zu fokussieren: «Ich habe Tour de France geschaut, danach war der gestrige Goldlauf für mich abgeschlossen», sagte er mit einem Schmunzeln.

Seine Leistung vom Vortag bestätigen konnte auch Thomas Curiger. Der Zürcher Unterländer hatte am Sonntag die Silbermedaille gewonnen und wiederholte dies am Montag. Einzig auf der längere Routenwahl zu Posten 10 sowie beim Weglaufen von dort sei ihm nicht optimal gelungen, ansonsten blieb er fehlerfrei. Die Emotionen vom Vortag habe er gut wegstecken können: «Ich habe gelernt, während einer Wettkampfwoche schnell abzuschalten, und mich auf den neuen Wettkampf konzentrieren zu können», sagte der 19-Jährige. Mit dem Schweden Isac von Krusenstierna auf dem dritten Platz war das Podest der Junioren gleich besetzt wie über die Sprintdistanz am Sonntag.

Nach dem Sprint in Scuol an den Junior World Orienteering Championships (JWOC) wurde der Wettkampf über die Langdistanz in unmittelbarer Nähe der Passhöhe des Ofenpasses im Val Müstair ausgetragen. Ausserordentlich präsentierte sich die Höhenlage, wurde der Wettkampf doch auf 2100 bis 2300 Metern über Meer ausgetragen. Das Gelände zeigte sich dabei detailreich, führte teilweise durch halb offene Partien und steile Hänge. In sich hatten es die ersten Posten der Juniorinnen und Junioren, die zum zu Beginn des Wettkampfes bereits eine technisch sehr saubere Leistung forderten. Die Bahnleger Matthias Merz und Fabian Hertner – beides OL-Weltmeister – bezeichneten diesen Teil der Bahn als Schlüsselstelle: «Dort ging es darum, sicher in den Lauf zu starten und sich mit Karte und Gelände vertraut zu machen. Auf diesen ersten Posten konnte man den
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Thomas Curiger, Joey Hadorn und
Isac von Krusenstierna.


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Valérie Aebischer, Anna Haataja und
Sofie Bachmann.
Wettkampf verlieren, aber nicht gewinnen.» Um den Wettkampf zu entscheiden, wurden in der Folge eine physische Topleistung und kräfteschonende Routenwahlen vorausgesetzt.

Aebischer und Bachmann auf Podest
Mit Gold und Silber bei den Junioren war aus Schweizer Sicht jedoch noch nicht genug. Auch bei den Juniorinnen gab es zwei Medaillen zu feiern. Für die erste war Valérie Aebischer besorgt. Sie kam um die Mittagszeit zwischenzeitlich mit einer neuen Bestzeit ins Ziel, welche kurz darauf nur noch von der späteren Siegerin Anna Haataja um 1:50 Minuten unterboten wurde. Die Freiburgerin Aebischer zeigte sich entsprechend zufrieden mit ihrer Leistung auf der 6,5 Kilometer langen Bahn, die mit 310 Höhenmeter Steigung bestückt war. Zu Posten 6 erwischte Aebischer eine langsamere Querroute und verlor nahezu zwei Minuten auf die Schnellsten. Zudem habe sie vor den letzten drei Posten zwei, drei Unsicherheiten gehabt. «Danach wollte ich unbedingt einen sauberen Schlussteil zeigen und blieb dabei auch einige Male stehen, um technisch sauber zu bleiben», sagte die 19-Jährige. Dies habe sie geschafft und sich auch nicht aus der Ruhe bringen lassen, als sie die Zielarena bereits akustisch wahrnehmen konnte. Für Aebischer ist es die erste JWOC-Medaille, nachdem sie im letzten Jahr Jugend-Europameisterin über die Sprintdistanz wurde.

Rund eine Minute langsamer als ihre Teamkollegin war Sofie Bachmann, die zur Bronzemedaille lief. Die Baselbieterin, die im Sprint wegen einer fehlenden Zwischenzeit nicht klassiert war, zeigte am Montag eine starke Reaktion. Eine ungünstige Routenwahl auf der ersten längeren Teilstrecke zwischen Posten 4 und 5 (Zeitverlust von 80 Sekunden) und
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Thomas Curiger.


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Valérie Aebischer.


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Sofie Bachmann.
ein Fehler beim zwölften Posten kostete der Schweizerin fast der gesamte Rückstand von 2:54 Minuten. Im Allgemeinen habe sie schwierig belaufbare Geländepartien umlaufen und so ansonsten einen technisch sauberen Lauf notiert.

Mit Paula Gross auf dem 5. Rang sichert sich zudem eine Schweizerin ein JWOC-Diplom. Sie musste gleich zu Beginn des Langdistanzrennens einen Rückschlag einstecken. Zum ersten Kontrollpunkt machte sie im Postenraum einen Fehler, wobei sie rund zwei Minuten einbüsste. «Ich wusste, dass es am Anfang schwierig wird und wollte einen sauberen Start haben»», sagte die 20-Jährige aus Richterswil. Dies gelang ihr jedoch nicht. Zum vierten Posten erwischte sie kurz darauf eine schlechte Route. «Nachher habe ich mich aber gefangen und die Aufholjagd gestartet», so Gross weeiter. Im Schlussteil des Rennens sei sie dann einfach am Limit gelaufen: «Meine Beine waren leer und mein Kopf müde», sagte Gross.

Weitere Schweizer verpassen Top Ten
Die weiteren Schweizer verpassten über die Langdistanz die Top Ten. Die Juniorenweltmeisterin im Sprint, Simona Aebersold, musste dabei einen herben Rückschlag hinnehmen. Ab Posten 6 war sie wiederum auf Goldkurs, als sie kurz darauf den achten Posten übersah und direkt zum neunten Posten lief. Sie bemerkte den Fehler zwar und korrigierte, verlor jedoch über neun Minuten. Die 23-fache Weltmeisterin und OK-Präsidentin Simone Niggli war danach eine der ersten trostspendenden Personen: «Das ist mir in meiner Karriere auch passiert», so Niggli. Aebersold klassierte sich schliesslich auf dem 12. Rang.

Die Baslerin Müller hatte nach ihrem Zieleinlauf kein gutes Gefühl. Sie habe zu viele Unsicherheiten in ihrem Lauf «und auch läuferisch lief es mir nicht.» Müller klassierte sich mit 12:12 Minuten Rückstand auf dem 35. Rang.
Joana Wälti aus dem Bieler Seeland beging – wie Paula Gross auch – einen Fehler zum ersten Posten. Sie hatte den Posten zu früh gesucht und merkte dies erst spät. In der Folge hatte sie in den Postenräumen mehrere kleinere Unsicherheiten, bevor sie im Schlussteil fehlerfrei laufen konnte. Am Ende resultierte für die gelernte Kauffrau der 62. Rang.

Bei den Junioren war Riccardo Rancan auf dem 13. Rang hinter Hadorn und Curiger der beste Schweizer: Der Zürcher Oberländer war bis zum Überlauf nach einem Drittel der Strecke auf Medaillenkurs, ehe ihm im zweiten Teil des Laufs zu viele Fehler unterliefen.
Noah Zbinden aus Münchenstein (BL) hatte sich auf dem kurzen Teilstück zwischen Posten 5 und 6 einen Fehler eingehandelt und lief am Ende auf den 20. Rang. Er war zwar auf dem richtigen Weg, liess sich jedoch verunsichern und musste korrigieren. «Ansonsten war es einfach ein Kampf», sagte der Zivildienstleistende, womit er vor allem die physische Komponente des Wettkampfes auf 2000 Metern über Meer ansprach.
Tobia Pezzati, mit dem achten Rang der beste Schweizer im letztjährigen Langdistanzrennen der JWOC, hatte auf der ersten längeren Teilstrecke zu Posten 5 rund eine Minute verloren, ansonsten berichtete er jedoch von einem soliden Lauf. Mit seiner physischen Leistung war er derweil nicht zufrieden: «Naja», lautete der Kommentar des künftigen Geografiestudenten aus dem Tessin, der das Rennen auf dem 26. Rang beendete.

Dubach verliert Schuhsohlen
Der Pechvogel des Tages war aus Schweizer Sicht Simon Dubach. Beim Berner lösten sich beide Schuhsohlen bereits zu Beginn des Rennens, so dass er das Rennen kurz nach dem vierten Posten aufgeben musste: «Zuerst wollte ich das Rennen durchziehen, aber nur in Socken geht das nicht», so der 20-Jährige, der im gestrigen Sprintrennen auf den vierten Platz lief. Ein ärgerlicher Zwischenfall für Dubach. Die Schuhe waren nahezu neu – er trug sie erst zum dritten Mal.


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Paula Gross.
Die 27. Junioren-Weltmeisterschaften im Orientierungslauf in Scuol werden am Mittwoch mit der Qualifikation über die Mitteldistanz in Ftan fortgesetzt. 322 Athletinnen und Athleten aus 39 Nationen stehen am Start. Nach zwei Entscheidungen hat das Schweizer Team drei der vier Goldmedaillen und zudem vier weitere Medaillen geholt.
Text: Severin Furter; Bilder: Rémy Steinegger/steineggerpix.com)

Resultate
Ofenpass/Val Müstair (SUI). Junioren-WM im Orientierungslauf. Langdistanz.
Junioren (8,8 km/ 450 Hm/ 21 Posten): 1. Joey Hadorn (Fahrni), 1:05:01 Minuten; 2. Thomas Curiger (Buchs ZH), +0:52 Minuten; 3. Isac van Krusenstierna (SWE), +2:04; 4. Simon Hector (SWE), +3:03; 5. Matpus Furst (CZE), +3:07; 6. Dag Blandkjenn (NOR), +6:27; 12. Riccardo Rancan (Uster), +7:46; 20. Noah Zbinden (Münchenstein), +9:10; 26. Tobias Pezzati (Sagno), +11:01; Simon Dubach (Konolfingen), nicht klassiert.
Juniorinnen (6,5 km/ 310 Hm/ 16 Posten): 1. Anna Haataja (FIN), 57:37 Minuten; 2. Valérie Aebischer (Schmitten), +1:50 Minuten; 3. Sofie Bachmann (Reigoldswil), +2:54; 4. Anina Lome (NOR), +4:32; 5. Paula Gross (Richterswil), +6:13; 6. Leenukka Hanhijarvi (FIN), +6:51; 12. Simona Aebersold (Brügg), +8:30; 35. Hanna Müller (Basel), +12:12; 62. Joana Wälti (Sutz-Lattrigen), +19:19.
Gesamtrangliste

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