Hier finden sich ausführliche Zusatz- und Hintergrundinformationen zum Bericht «Mit CLOUD O und Bike-OL auf Wolke Sieben?» vom SOLV-Magazin 02 – 24. Zum besseren Verständnis empfiehlt sich die einführende Lektüre des Artikels im Magazin. Die im Magazin und untenstehenden Artikel beschriebene Angebote von CLOUD O sind unter folgenden Links abrufbar:
- CLOUD O Veranstaltungen: https://ol-events.ch/CLOUD O-o-days
- Detail-Informationen zur Trophy oder dem Gebrauch von MapRun:
CLOUD O Trophy 2024_dt
- Infos zum spezifischen Bike-OL Angebot:
CLOUD O Trophy 2024_dt_Biken
Des weiteren sei explizit auch auf den diesjährigen Swiss Cup 2024 im Bike-OL hingewiesen
- Bike-OL Swiss-Cup 2024 auf mtbo-sui.com und/oder auf der Seite von Swiss-Orienteering
- Anmeldeportal für sämtliche Läufe des Bike-OL Swiss Cup 2024 (https://entry.picoevents.ch/, werden fortlaufend aufgeschaltet)
CLOUD O - eine Marke entsteht
Im Verlaufe der COVID-19 Pandemie entwickelte Otti Bisang eine «virtuell-digitale» Plattform, um während des Lockdowns 2020/2021 OL-Trainings unter wettkampfähnlichen Bedingungen zu ermöglichen. (Un)glückliche Umstände, seine Aufgeschlossenheit und sein beharrlicher Gestaltungswille mündeten in der Lancierung der Marke CLOUD O. Virtuell? Digital? Ein Computerspiel oder doch eine neue E-Sportart? Keine Bange! CLOUD O ist ganz normaler OL. Nur ohne Postenflaggen.
Die Covid-19-Pandemie hinterliess bekannterweise massive medizinische, soziale und wirtschaftliche Kollateralschäden. Nicht zuletzt decken aber solche Ausnahmezustände auch bestehende Schwachstellen und Problemkreise auf, hinterfragen bisherige Positionen und initiieren neue Lösungen und Innovationen.
Der richtige Mann zum richtigen Zeitpunkt
Genau das Spielfeld also für Otti Bisang, einen der unermüdlichen Tausendsassas in Sachen OL. Mit grenzenloser Energie machte sich der gebürtige Basler über die Jahre in verschiedensten Funktionen für den OL-Sport verdient, ein Engagement, welches ihm 2023 auch die Ehrenmitgliedschaft bei Swiss Orienteering eintrug.
Als Mitglied der Projektgruppe «Weiterentwicklung sCOOL» befasste sich Bisang im Herbst 2019 intensiver mit niederschwelligen OL-Angeboten, beispielsweise mit der Thematik, wie Teilnehmende von sCOOL-Anlässen entweder mit ihren Eltern oder Geschwistern das kürzlich Erlernte weiter anwenden und üben können. Digitale Technik für den OL zu nutzen, stand zu diesem Zeitpunkt noch nicht im Fokus seiner Überlegungen. Im folgenden Jahr überschlugen sich jedoch die Ereignisse und ein Teil fügte sich zum anderen.
Als sich abzeichnete, dass nach dem Frühling 2020 auch die ersten Wettkämpfe 2021 Corona zum Opfer fallen könnten, wollte er als langjähriger Laufleiter des muba-OL*, des jeweils 1. Regionalen OL im Wald in der neuen Saison, nicht alternativlos dastehen.
Im August 2020, nach einem ersten Lockdown mit zahlreichen Laufabsagen, erhielt er die Mailanfrage eines Post-Doktoranden der Universität Basel, in welcher dieser eine digitale Kartenkopie erbat, um damit «mithilfe einer Orientierungs-App einen Lauf zusammenstellen und virtuell mit dem Handy die Posten checken zu können». Die Neugierde Bisangs war geweckt und bei einem klärenden Telefongespräch erfuhr er Faszinierendes!
OL digital neu gedacht
Das Gespräch fasst Bisang folgendermassen zusammen: Mittels digitaler Technik ist die Organisation eines OL möglich, bei dem «niemand von der Organisation vor Ort ist. Der Start wird automatisiert ausgelöst. An den Posten ist nichts als das Postenobjekt und dennoch wird das Passieren registriert, ebenso wie das Erreichen des Ziels.» Sozusagen ein minimalistischer OL, welcher sich auf das Wesentliche beschränkt.
Kurz darauf, am Forum von Swiss Orienteering vor der SPM in Kreuzlingen erfuhr er, dass während des Lockdowns verschiedene Klubs in Norwegen OL mit virtuellen Posten anboten. «Meine Ohren wurden steifer!» so Bisang.
Bei einer entsprechenden Internet-Recherche stiess er auf einen von Pascal Vieser (einst in Norwegen als Trainer tätig) erstellten Familien-OL im Wangenerwald. Familien-OL? Der Kreis zu «Weiterentwicklung sCOOL» war damit geschlossen, Bisang infiziert und kurze Zeit später mit Smartphone und Ehefrau Regina Neukom «digital» unterwegs. Die beiden waren begeistert und, viel wichtiger: dachten visionär weiter!
Es war also möglich, OL während der wettkampffreien Zeit unter wettkampfmässigen Bedingungen unter gleichzeitiger Einhaltung der übergeordneten Schutzmassnahmen des Bundes (beispielsweise social distancing, Verbot von Ansammlungen mit mehr als 5 Personen) abzuhalten.
Smartphone dient als Badge/SI-Card
Wie aber funktioniert ein digitaler OL? Am besten erklärt dies direkt Otti Bisang anhand eines Ausschnittes eines Artikels, welchen er 2021 im Klubmagazin der OLG Basel, dem BEBBI publizierte (Text kursiv: reproduziert mit Einwilligung von Otti Bisang)
Mit spezialisierten Apps können also Orientierungsläufe durchgeführt werden, bei denen Start und Ziel sowie die Posten nur virtuell gesetzt sind. Das Smartphone dient als Badge/SI-Card und zeigt mittels Tonsignal und Farbänderung auf dem Display an, dass Start und Ziel passiert und die Posten quittiert worden sind. Die angebotenen OL können individuell je nach Vorgabe an einem Tag oder über mehrere Tage und Wochen absolviert werden. Es findet kein physisches Zusammentreffen mit dem Veranstalter statt. Die Teilnehmenden erhalten dennoch unmittelbar nach Absolvierung ihres Laufes aus der CLOUD O auf ihr Smartphone ihre individuelle Auswertung samt gelaufener Strecke sowie ihre Rangierung und können sich so mit Dritten vergleichen.
Das Smartphone nutzt zur eigenen Positionsbestimmung das satellitengestützte Navigationssystem GPS, das aus gut 30 Satelliten besteht. Für die Positionsbestimmung müssen die Satelliten-Signale von mindestens 4 Satelliten gleichzeitig sichtbar sein, d.h. empfangen werden können. Hohe Häuser, grosse Erhebungen in der Nähe, aber auch Regenwolken und dichte Bäume können sich negativ auf den Empfang auswirken. Da sich die Satelliten nicht in geostationären Bahnen bewegen, hat auch dies nicht nur einen Einfluss auf den Tagesverlauf, sondern kann sich innerhalb des Events ändern (d.h. genauer werden oder auch nicht). Die Genauigkeit mit einem Smartphone liegt in der Regel bei 10 bis 15 Meter.
Zugegeben: Ganz toll wäre doch, es wäre punktgenau. Doch Hand aufs Herz: Laufen wir denn auch so genau, wenn wir «analog» Kartenlesen? Oft huntern (oder auch hühnern) wir doch einfach ein den Postenraum und schauen uns dann nach der rot-weissen Flagge um, oder?
Seien wir uns auch bewusst, dass in der Regel die verwendeten Karten im Massstab 1:4'000 oder 1:10'000 sind, ein Millimeter auf der Karte somit vor Ort 4 resp. 10 Meter entspricht.
Folgende Konzessionen sind bei solchen OL beim Postensetzen zu machen: Posten sind nicht in Ecken zum Beispiel von kleinen Hinterhöfen zu setzen, sondern in die Hofmitte oder in die Mitte der Einfahrt. Und Posten unter Vordächern oder in Strassenunterführungen (z.B. zum Kanalisieren bei verkehrsreichen Strassen) geht nicht.
MapRun - Ein Glücksfall aus Australien
Bisang und Neukom begannen sich Ende 2020, als sich die erneute Einstellung des Wettkampfbetriebes auf die Frühlingssaison 2021 abzeichnete, intensiver mit möglichen Apps auseinanderzusetzen. So stiessen sie auf MapRun, eine von australischen OL-Läufern entwickelten App um den Entwickler Peter Effeney. Nach einer ersten Kontaktaufnahme und dem Skizzieren der Idee ging alles Schlag auf Schlag. Just auf den 24. Dezember erhielten die beiden die Rechte als «local administrator», sozusagen als Weihnachtsgeschenk. Und bereits am 1. Januar 2021 boten sie im Stadtpark Basel St. Johann drei Bahnen (kurz, mittel lang) samt Model Event für den Dreikönigs-OL an. Innerhalb von 10 Tagen wurden über 100 Starts verzeichnet.
Schnell kamen neue CLOUD O (wie sie unterdessen genannt wurden) dazu und bis im Mai 2021 wurden an 30 Standorten und beinahe150 Bahnen rund 2000 Starts verzeichnet.
CLOUD O Trophy - eine Idee wird weitergeführt
Bisang und Neukom betonen, dass CLOUD O nie als Wettkampfersatz gedacht war. «So verzichten wir bewusst auf die Führung einer Punkteliste oder ähnliches. Strecken können explizit mehrfach abgelaufen werden, was beispielsweise auch den Vergleich von allfälligen Alternativrouten erlaubt». Grundsätzlich sei es, vor allem nachdem der reguläre Wettkampfbetrieb wieder aufgenommen werden konnte, eine Möglichkeit, Trainings mit geringstem Aufwand unter wettkampfähnlichen Bedingungen abhalten zu können.
In diesem Sinne ist auch die von Urs Moser initiierte CLOUD O Trophy zu sehen. Der Marketing Experte stiess im Verlaufe des Projektes und im Zusammenhang mit oben erwähntem Projekt «Weiterentwicklung sCOOL» zum Team. Das Ziel der Trophy ist es, ein schweizweites, visibles Angebot an CLOUD O in den Wintermonaten (und darüber hinaus) für Trainings zur Verfügung zu stellen. In der dritten Ausgabe der Trophy 2023/24 wurde das Angebot durch eine erquickliche Anzahl an Bike-OL erweitert und bereichert. Diese sind nicht nur für geübte Bike-OL Fahrer gedacht: es gibt vor allem auch dem interessierten OL-Läufer die Möglichkeit, sich mit der Sportart vertraut zu machen.
Für die Trophy wird zwar keine Punkteliste geführt, dennoch dürfte sich eine (mehrfache) Teilnahme lohnen: Teilnehmende von mindestens drei CLOUD O-Anlässen nehmen an der Verlosung von 3 x 100.- Gutschein teil.
Die CLOUD O Veranstaltungen sind via www.ol-events.ch ersichtlich. Detail-Informationen zur Trophy oder dem Gebrauch von MapRun sind via CLOUD O Trophy 2024_dt (deutsch) resp.
CLOUD O Trophy 2024_fr (français) erhältlich. Weitere Infos zum spezifischen Bike-OL Angebot gibts unter
CLOUD O Trophy 2024_dt_Bike.
CLOUD O: ein Ausblick
(Noch) ist CLOUD O nicht wettkampftauglich, aber als Trainingsform lässt es alle Optionen und Möglichkeiten offen.
So beispielsweise auch Testläufe für «normale» Orientierungsläufe: Bahnleger müssen für ihre Wettkämpfe bezüglich Bahnlängen und Richtzeiten gewisse Standards nach Art. 42-44 der Wettkampfordnung einhalten. Mit CLOUD O können Bahnleger schnell und mühelos Bahnen erstellen und anhand ihrer Testläufer die diesbezügliche Qualität ihrer Bahnen abschätzten, ohne vorgängig Markierungen oder gar schon physische Posten angebracht zu haben. Ein Verfahren, welches in Zukunft bei der Qualitätssicherung bei der Organisation von OL hilfreich sein könnte.
Für weitere, noch weiter in der Zukunft liegende Ideen erteilen wir aber das Wort nochmals Otti Bisang mit einem weiteren Ausschnitt aus seinem oben erwähnten BEBBI-Artikel (Text kursiv: reproduziert mit Einwilligung von Otti Bisang).
Wer kann sich noch an die erste 1989 mit OCAD gezeichnete Karte «Schneitwald» erinnern? Oder an die ersten elektronischen Posten, die ca. 1.5 kg pro Einheit wogen? Und die Aussagen dazu: «So kann es ja doch nicht sein!» Und heute? Tempi passati; dafür Standard.
Bereits testen verschiedene Armeen «wearables», d.h. auf Stoff aufgebrachte elektronische Kartenanzeigen an Stelle von Papierkarten. Wie lange geht es wohl noch, bis wir mit O-LED-Bildschirm einen OL bestreiten, die Bahn dabei zum Startzeitpunkt auf dem Bildschirm sichtbar wird, grösser und kleiner gezoomt werden kann und die Gross-/Eltern ihre Sprösslinge vom Ziel (oder vom Ferienhaus aus) verfolgen können???
Das ist zwar noch Zukunftsmusik, doch mit MapRun wird ein Schritt dorthin gemacht.
Vorerst haben wir jedoch bereits jetzt die Möglichkeit, mit relativ beschränktem Aufwand in kurzer Zeit Trainingsaktivitäten bereitzustellen, die weder beschädigt noch entwendet werden können (und auch nicht eingezogen werden müssen!). Wie wir selbst getestet haben, können sogar kleine Events mit open street maps aus der Ferne erstellt werden, so für unsere OL-Freunde im schwedischen Kungsbacka und in Hongkong! Vor einem Jahr hätte ich mir dies noch nicht gedacht!